Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz  tritt am 28. Juni 2025 in Kraft und stellt einen bedeutenden Fortschritt für die Barrierefreiheit in Deutschland dar. Es zielt darauf ab, bestehende Barrieren abzubauen und den Zugang zu öffentlichen und privaten Angeboten für Menschen mit Behinderungen weiter zu verbessern. Dieses Gesetz baut auf bisherigen Regelungen auf und führt umfassende Neuerungen ein, die sowohl Unternehmen als auch öffentliche Einrichtungen betreffen.

Wer ist betroffen?

Unternehmen
 

Alle Unternehmen, die Dienstleistungen oder Produkte auf dem deutschen Markt anbieten, müssen sicherstellen, dass diese barrierefrei sind. Dies betrifft sowohl große Unternehmen als auch kleine und mittelständische Firmen (KMU).

Digitale Anbieter
 

Betreiber von Websites und mobilen Apps müssen ihre digitalen Angebote barrierefrei gestalten, um den Zugang für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen zu ermöglichen.

Öffentliche Einrichtungen

Dazu gehören Behörden, Schulen, Hochschulen, Krankenhäuser und andere öffentliche Einrichtungen, die sicherstellen müssen, dass ihre Angebote und Gebäude barrierefrei gestaltet sind.

Dienstleistungs-anbieter

Anbieter von privaten Dienstleistungen wie Gastronomiebetriebe, Einzelhändler und Veranstaltungsorte (z.B. Kinos, Theater) sind ebenfalls verpflichtet, Barrierefreiheit zu gewährleisten.

Hauptanforderungen des Gesetzes

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz 2025 umfasst mehrere wesentliche Anforderungen, die in verschiedenen Bereichen umgesetzt werden müssen. Eine der zentralen Anforderungen betrifft die digitale Barrierefreiheit. Websites und mobile Anwendungen müssen den neuesten Richtlinien für digitale Barrierefreiheit entsprechen, wie den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG). Dazu gehört die Bereitstellung von alternativen Texten für Bilder, die von Screenreadern vorgelesen werden können, um sicherzustellen, dass Menschen mit Sehbehinderungen die Inhalte erfassen können. Ebenso müssen ausreichende Farbkontraste gewährleistet sein, damit Texte und visuelle Elemente für diese Nutzergruppe lesbar sind. Auch die Tastaturnavigation ist ein wichtiger Aspekt: Alle interaktiven Elemente müssen über die Tastatur erreichbar sein, um eine barrierefreie Nutzung zu ermöglichen. Zusätzlich müssen Untertitel für Videos bereitgestellt und Transkripte für Audioinhalte zur Verfügung gestellt werden. Neben Websites und Apps betrifft die digitale Barrierefreiheit auch Softwarelösungen und digitale Dienstleistungen, die barrierefrei gestaltet sein müssen, um allen Nutzern gleichwertigen Zugang zu ermöglichen.

Ein weiterer zentraler Bereich des Gesetzes ist die physische Barrierefreiheit. Neubauten und Renovierungen müssen den Anforderungen an barrierefreie Architektur entsprechen. Dies umfasst stufenfreie Zugänge oder Rampen für Rollstuhlfahrer, barrierefreie Toiletten mit entsprechenden Haltegriffen und ausreichend Platz sowie Aufzüge, die groß genug sind und über taktile sowie akustische Hinweise verfügen. Auch die Beschilderung muss klar, verständlich und gut sichtbar sein, idealerweise auch in Braille, um den Bedürfnissen von Menschen mit Sehbehinderungen gerecht zu werden. Zudem müssen Veranstaltungsorte wie Theater, Kinos, Konferenzräume und ähnliche Einrichtungen barrierefreie Plätze und Zugänge bieten und Hilfsmittel wie Höranlagen bereitstellen.

Das Gesetz bezieht sich auch auf barrierefreie Kommunikation. Wichtige Dokumente müssen in barrierefreien Formaten bereitgestellt werden, darunter Dokumente in vergrößertem Schriftbild (Großdruck), Inhalte, die in leicht verständlicher Sprache verfasst sind (einfache Sprache), und digitale Formate, die von Screenreadern erkannt werden können. Darüber hinaus muss der Kundenservice barrierefrei sein, was die Bereitstellung von Gebärdensprachdolmetschern für gehörlose Menschen umfasst sowie alternative Kommunikationswege wie E-Mail, Chat oder SMS, um sicherzustellen, dass alle Kunden Kontakt aufnehmen können.

Was muss auf der Website angepasst werden?

1. Kontrast- und Schriftgrößeneinstellungen

  • Kontrastoptionen: Bieten Sie Ihren Nutzern die Möglichkeit, den Farbkontrast der Website zu ändern. Das kann durch einen Kontrast-Schalter geschehen, der zwischen einem Standard- und einem hohen Kontrastmodus wechselt, um die Lesbarkeit für Menschen mit Sehbehinderungen zu verbessern.
  • Schriftgrößenanpassung: Erlauben Sie Nutzern, die Schriftgröße anzupassen. Das kann durch ein entsprechendes Plugin oder eine Funktion auf Ihrer Website geschehen, die es ermöglicht, die Textgröße durch einen Schieberegler oder Buttons zu vergrößern oder zu verkleinern.

2. Textvorlesefunktion

  • Text-to-Speech (TTS): Implementieren Sie eine Text-to-Speech-Funktion, die es Nutzern ermöglicht, den Inhalt Ihrer Website vorlesen zu lassen. Es gibt Plugins und Widgets, die diese Funktionalität bereitstellen, und sie können auf Ihrer Website eingebunden werden.
  • Barrierefreie Multimedia-Inhalte: Stellen Sie sicher, dass Videos und Audioinhalte mit Transkripten und Untertiteln versehen sind, um die Zugänglichkeit für Menschen mit Hörbehinderungen zu verbessern.

3. Navigationshilfen

  • Tastaturnavigation: Überprüfen und optimieren Sie Ihre Website, um sicherzustellen, dass alle interaktiven Elemente (Formulare, Links, Menüs) über die Tastatur navigierbar sind. Stellen Sie sicher, dass die Tabulator-Reihenfolge logisch und konsistent ist.
  • Screenreader-Kompatibilität: Stellen Sie sicher, dass Ihre Website mit Screenreadern kompatibel ist, indem Sie ARIA (Accessible Rich Internet Applications) Attribute korrekt nutzen und strukturierte, semantische HTML-Elemente verwenden.

4. Alternative Texte und Beschreibungen

  • Alt-Texte für Bilder: Fügen Sie für alle Bilder auf Ihrer Website alternative Texte (Alt-Texte) hinzu, die beschreiben, was auf den Bildern zu sehen ist. Dies hilft Menschen, die Screenreader verwenden, den Inhalt der Bilder zu verstehen.
  • Beschreibungen für Grafiken und Diagramme: Stellen Sie auch Beschreibungen für komplexe Grafiken und Diagramme bereit, um deren Inhalte verständlich zu machen.

5. Zugängliche Formulare

  • Beschriftungen und Hinweise: Stellen Sie sicher, dass alle Formulare auf Ihrer Website korrekt beschriftet sind und klare, verständliche Hinweise enthalten. Fehler- und Erfolgsmeldungen sollten für Screenreader verständlich gemacht werden.
  • Fehlerbehandlung: Implementieren Sie Mechanismen zur Fehlerbehandlung, die Nutzern klare Anweisungen geben, wenn Formulareingaben fehlerhaft sind.

6. Einfache Sprache und Dokumente

  • Einfache Sprache: Bieten Sie wichtige Inhalte in einfacher Sprache an, um sie für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen leichter verständlich zu machen.
  • Barrierefreie Dokumente: Stellen Sie sicher, dass alle bereitgestellten Dokumente (wie PDFs) barrierefrei sind und den WCAG-Richtlinien entsprechen.

7. Barrierefreiheitslink und Informationen

  • Barrierefreiheitslink: Platzieren Sie auf Ihrer Website einen leicht zugänglichen Link oder eine Schaltfläche, die zu einer Seite führt, auf der Sie die von Ihnen implementierten Barrierefreiheitsfunktionen beschreiben und Nutzern Unterstützung anbieten.
  • Kontaktmöglichkeiten: Bieten Sie eine Kontaktmöglichkeit für Feedback zur Barrierefreiheit an, damit Nutzer Probleme melden oder Verbesserungsvorschläge machen können.

Fazit

Um den Anforderungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes 2025 gerecht zu werden, müssen Sie auf Ihrer Website aktiv Funktionen zur Verbesserung der Barrierefreiheit anbieten. Dazu gehören Kontrast- und Schriftgrößeneinstellungen, Textvorlesefunktionen, Navigationshilfen, alternative Texte für Bilder, zugängliche Formulare und einfache Sprache. Diese Maßnahmen verbessern die Zugänglichkeit für alle Nutzer, einschließlich Menschen mit Behinderungen, und fördern eine inklusive Benutzererfahrung. Das Gesetz, das am 28. Juni 2025 in Kraft tritt, stellt einen bedeutenden Schritt hin zu mehr Inklusion und Gleichberechtigung in Deutschland dar. Unternehmen, öffentliche Einrichtungen und Dienstleister müssen umfassende Maßnahmen umsetzen, sorgfältig planen, Schulungen durchführen und kontinuierlich Anpassungen vornehmen, um die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen und eine inklusive Gesellschaft zu fördern.

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